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       Der Arzt dient der Gesundheit des 
      einzelnen Menschen und der Bevölkerung. 
      Der ärztliche Beruf ist kein Gewerbe. 
      Er ist seiner Natur nach ein freier Beruf.
       Aufgabe des Arztes ist es, das Leben 
      zu erhalten, die Gesundheit zu schützen 
      und wiederherzustellen, Leiden zu lindern, 
      Sterbenden Beistand zu leisten und an 
      der Erhaltung der natürlichen 
      Lebensgrundlagen im Hinblick auf ihre 
      Bedeutung für die Gesundheit der 
      Menschen mitzuwirken. 
      Zitat: 
      Aufgaben des Arztes. 
      Deutsche Berufsordnung für 
      Ärzte in der Fassung von 2002 
        
        
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      Hipprokrates 
       (* 460 v.Chr.) 
      Marmorstatuette 
      Ephesos, 
      ca. 1. Jhd. v.Chr. 
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      Arzt als Beruf und Berufung
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    | Der Arztberuf ist die älteste
      professionelle Tätigkeit in der Sorge um den Menschen. Bereits
      vorchristliche Kulturen in China, Arabien, Ägypten, Griechenland und Rom
      verfügten über Personen, deren wissenschaftliches Streben und
      berufliches Arbeiten der Heilung von Krankheiten gewidmet waren. Von Beginn an
      verband die ärztliche Praxis Beratung und Medikation, d.h.
      das geistige Einwirken auf die gesunde, richtige Lebensweise und
      den körperlichen Eingriff durch Substanzen. Insbesondere die ethischen
      Grundsätze der Medizin, wie sie der Grieche Hippokrates rund 400 Jahre
      vor Christus aufstellte, prägen bis heute das Selbstverständnis der
      Ärzte.
        
      | 
   
  
    | Der historische Vorrang des Arztes in der Therapie von
      Krankheiten hat sich bis heute erhalten. Obwohl approbierte, d.h.
      gesetzlich zugelassene Psychotherapeuten in Deutschland seit Geltung des
      Psychotherapeutengesetzes (2000) den Ärzten in Hinsicht auf ihren Status
      als Primärtherapeuten gleichgestellt sind, bleiben dem Arzt vielfach 
      exklusive Diagnose- und Therapieformen  vorbehalten. Das bedeutendste
      Vorrecht ist dabei zweifellos die  Verschreibung von Medikamenten. Auch
      befähigt die Ausbildung der Ärzte eher als jene der nichtärztlichen
      Psychotherapeuten zur umfassenden Beurteilung der körperlichen Verfassung
      eines Patienten. Daher sollte auch bei psychischen Erkrankungen der Arzt
      erste Wahl auf der Suche nach professioneller Hilfe sein.
        
      | 
     
      Psychologen 
      Andere Berufe 
      Selbstdiagnose 
      Entbehrlich  | 
   
  
    
      Fachärzte
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       Einzelne Facharztrichtungen bzw. ihre Vertreter sind aufgrund von
      Ausbildung und praktischer Tätigkeit eher als die übrigen geeignet, die
      Diagnose einer Hyperkinetischen Störung zu stellen. Dazu zählen im
      Kindesalter die Kinder- und Jugendpsychiater, die Pädiater (Kinderärzte)
      sowie die Sozialpädiater (i.d.R. Kinderärzte mit
      Zusatzqualifikationen im Bereich der öffentlichen Gesundheit sowie der
      Psychiatrie); da viele Kinder v.a. in ländlichen Gebieten dieselben
      Allgemeinärzte wie ihre Eltern aufsuchen, sind nicht wenige Fachärzte
      für Allgemeinmedizin im Bereich der Pädiatrie bzw. Kinder- und
      Jugendpsychiatrie durchaus kundig. Nicht zuletzt verfügen Fachärzte
      für Neurologie aufgrund ihrer spezifischen Kenntnisse in der
      Hirnentwicklung über eine zunehmend bedeutsamer werdende
      Schlüsselqualifikation in Verständnis und Therapie von Aktivitäts- und
      Aufmerksamkeitsstörungen. Sie sind neben den Fachärzten für
      Psychiatrie (und Psychotherapie) auch die naheliegenden
      Ansprechpartner betroffener Erwachsener. 
       
      | 
    Kinder- und 
      Jugendarzt
      Kinder- und 
      Jugendpsychiater 
      Neurologe / 
      Radiologe 
      Allergologe 
      Augenarzt / 
      Ohrenarzt (HNO) 
      Ärzte für 
      Erwachsene 
         | 
   
  
     
      Kinder- und Jugendarzt (Pädiater) 
      Facharzt für Pädiatrie 
     | 
    Eine kinder- und
      jugendärztliche Untersuchung, die den allgemeinen Gesundheitszustand
      des Kindes erfasst, ist ein absolutes Muss bei der Diagnose einer
      Hyperkinetischen Störung. Sie ist nicht nur wichtig, um mögliche
      körperliche Ursachen von Hyperaktivität und Unaufmerksamkeit
      abzuklären, sondern schafft zugleich die Voraussetzung für eine
      angemessene und v.a. sichere (medikamentöse) Behandlung.
       Differentialdiagnostisch abzuklären sind hier: 
      - Hyperthyreose (Überangebot von Schilddrüsen- 
        hormonen): Die Symptome sind u.U. mit denen 
        der Hyperaktivität zu verwechseln, v.a. Unruhe 
        und Nervosität 
      - Epilepsie (Anfallsleiden): V.a. die Symptome des 
        "Petit mal" mit Augenblicken der Eintrübung des 
        Bewusstseins sind leicht mit den Symptomen einer 
        Aufmerksamkeitsstörung zu verwechseln 
      - Migräne (anfallsartig auftretende funktionelle 
        Kopfschmerzen): Die Klassische Migräne wird von 
        einer Reihe neurologischer Funktionsstörungen 
        begleitet, die alle drei Symptomgruppen der 
        Hyperkinetischen Störung betreffen 
      - Läsionen (Verletzungen) v.a. im Bereich des 
        Frontalhirns: Die Symptomatik des sogenannten 
        Frontalhirnsyndroms kann den Symptomen der 
        Hyperkinetischen Störung gleichen 
      - Allergien (Überempfindlichkeit gegen äußere 
        Stoffe): Allergien spielen als kausale Faktoren der 
        Hyperkinetischen Störung allenfalls eine sehr 
        untergeordnete Rolle, doch können die aus 
        ihnen resultierenden Beschwerden Unruhe und 
        Ablenkung begünstigen (vgl. Allergologe) 
      Die oben genannten Krankheiten können allerdings auch komorbid, d.h.
      als eigenständige Erkrankung zusätzlich zur Hyperkinetischen Störung
      auftreten. Häufig ist zu ihrer Diagnose ein weiterer Facharzt
      hinzuzuziehen, i.d.R. ein Neurologe, gegebenenfalls auch ein Radiologe
      (Einsatz bildgebender Verfahren) und/oder Allergologe. 
      Untersuchungen von Blut und/oder Urin, die von Kinder- und
      Jugendärzten i.d.R. in externen Labors in Auftrag gegeben werden, sollten
      - neben einer umfassenden Anamnese - folgende Punkte klären: 
      - Medikamenteneffekte (u.a. von Mitteln gegen 
        Asthma, Allergien, Schlafstörungen, Epilepsie): 
        Sie begünstigen bisweilen Nervosität und Unruhe 
      - Stoffwechselstörungen wie die oben angeführte 
        Hyperthyreose, aber auch seltene, meist genetisch 
        bedingte Erkrankungen; sie sind i.d.R. leicht von 
        der Hyperkinetischen Störung zu unterscheiden, 
        sofern bei Verdacht die richtigen Parameter 
        untersucht werden 
      - Vergiftungen (u.a. Blei): Sie werden heutzutage 
        selten beobachtet, da die Lebensbedingungen 
        in den Industrieländern heute im Mittel deutlich 
        gesünder sind als noch vor 100 Jahren; dennoch 
        können im Einzelfall schadstoffbelastete Nahrung 
        oder vergiftete Atemluft (durch Farben, Klebstoffe, 
        Erwärmung von Plastik, Müllverbrennung, Verkehr) 
        Symptome der Unruhe und Unkonzentriertheit 
        hervorrufen 
      - Drogenkonsum, der v.a. mittels Rückständen im 
        Urin kurzfristig nachgewiesen werden kann, ist 
        weder ein Diagnosekriterium noch ein Grund, auf 
        die Behandlung einer Hyperkinetischen Störung 
        zu verzichten. Bisweilen hilft die medikamentöse 
        Therapie Betroffenen, in einem stabilen sozialen 
        Umfeld gegen die Sucht anzugehen. Allerdings 
        dürfen Stimulanzien keinesfalls unmittelbar zur 
        freien Verfügung an Drogenkonsumenten 
        abgegeben werden - auch im Interesse der nicht 
        drogengebrauchenden Nutzer der Medikamente, 
        die unter möglichen Restriktionen aufgrund von 
        Berichten über Missbrauch leiden. 
      Anamnestische Daten können Kinderärzte häufig besser erheben
      und in ihrer spezifischen Bedeutung einschätzen als andere Fachärzte, da
      sie die jungen Patienten und ihre Familien oft bereits seit langem kennen.
      Das ist sehr wichtig, denn aktuelle Probleme verändern auch die
      Sichtweise auf frühere Zustände. Verständlicherweise reagieren besorgte
      Eltern auf Verhaltensauffälligkeiten ihrer Kinder empfindlicher, wenn
      beispielsweise der Schulausschluss angedroht wurde. Wer Hilfe sucht, neigt
      bisweilen zu drastischen Darstellungen seiner Situation, weil viele
      Angebote nur "schwerwiegenden Fällen" offen stehen. Ein guter
      Kinder- und Jugendarzt kann Anamnese und eigene Erfahrungen mit Kind und
      Familie in einen weiteren Zusammenhang stellen und bewerten. Ihm fallen
      gegebenenfalls Veränderungen im Wesen des Kindes auf, die der zeitlich
      begrenzten Perspektive eines nur ausnahmsweise konsultierten Facharztes
      verborgen bleiben mag. Wichtige anamnestische Informationen sind
      insbesondere: 
      - Aktuelle Symptomatik aus der Perspektive des 
        Betroffenen sowie seiner sozialen Umgebung 
        (bei Kindern: Eltern, Lehrer, Erzieher; 
         bei Erwachsenen: Partner, Freunde, u.U. Eltern) 
      - Bisheriger "Krankheits-"Verlauf mit Häufigkeit, 
        Intensität sowie Orts- und Situationsabhängigkeit 
        der Symptomatik 
      - Sofern möglich: Beurteilung des Vorliegens einer 
        Hyperkinetischen Störung bei Blutsverwandten, 
        v.a. Geschwister, Eltern bzw. Kinder 
      Zur Erhebung anamnestischer Daten sind die oben unter den 
      Fragebogenverfahren beschriebenen  psychologischen Tests, spezielle
      
      Anamnesebögen (z.B. der Anamnestische Elternfragebogen  [1984] von
      G. Deegener) oder  strukturierte Interviews von Vorteil. Leider gehört der
      Umgang mit solchen Verfahren noch immer nicht zum Standard ärztlicher
      Ausbildung und Praxis. 
      Verhaltensbeobachtung: Die Leitlinien der AWMF
      (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen und Medizinischen
      Fachgesellschaften) empfehlen eine Verhaltensbeobachtung während der
      Exploration des Kindes oder Jugendlichen. Geachtet werden solle auf
      Anzeichen der Hyperaktivität. Allerdings schränken die Leitlinien die
      Bedeutsamkeit der Beobachtung sogleich ein, indem das Resultat kein
      notwendiges Kriterium der Diagnose sei - u.a. im Hinblick auf das
      Vorliegen einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung ohne Hyperaktivität. Ärzte
      sind allerdings häufig auf das Erkennen von statischen Symptomen geschult
      und haben bisweilen Schwierigkeiten, Auffälligkeiten, die nur in
      Verhaltensvariationen bestehen, zu erkennen und entwicklungspsychologisch
      zu bewerten. Nicht allein das beobachtete Verhalten des Patienten in der
      Untersuchungssituation, sondern gerade auch seine Diskrepanz zum Verhalten
      in Familie und/oder Schule können ein wichtiges diagnostisches Kriterium
      darstellen. Daher kann ein Urteil, das hauptsächlich auf Beobachtungen im
      wenig alltäglichen Rahmen einer ärztlichen Untersuchung beruht, leicht
      zu sehr einseitigen oder gar falschen Schlüssen führen. Besser als
      Bewertungen auf der Grundlage unstrukturierter Wahrnehmung sind
      Verhaltensbeobachtungen, die bestimmte - auch künstliche hergestellte -
      Szenen anhand fester Abläufe und Skalen beurteilen. Auf diese Weise
      gewonnene Informationen erlauben eine zuverlässige Einschätzung von
      auffälligem Verhalten, insofern nicht verhaltensgestörte Kinder in
      gleichen Situationen anders reagieren. 
         | 
    Auch bei psychischen
      Problemen sollte eine ärztliche Untersuchung stets zum Standardprogramm
      der Diagnosestellung gehören. Der für die Behandlung von Kindern und
      Jugendlichen fachlich speziell ausgebildete "Allgemeinarzt" ist
      der Kinder- und Jugendarzt (Pädiater). Nicht nur die fachspezifischen
      Kenntnisse von Pädiatern und Allgemeinmedizinern  (Erwachsene)
      unterscheiden sich z.T. deutlich. Auch die Physiologie von Kindern weist
      zu der von Erwachsenen stellen- und phasenweise erhebliche Abweichungen
      auf. Daher sollte gerade im Fall kindlicher Auffälligkeiten, Störungen
      und Krankheiten nicht auf die Kompetenz des Kinder- und Jugendarztes
      verzichtet werden.
       Vorzüge des Kinder- und 
      Jugendarztes: 
      - gutes allgemeinmedizi- 
        nisches Wissen 
      - spezielle Kenntnisse und 
        Erfahrungen in der Kinder- 
        und Jugendheilkunde 
      - kennt den Patienten 
        i.d.R. seit langem 
      - hat meist einen Überblick 
        über die Entwicklung 
        des Kindes 
      - hat häufig einen Einblick 
        in die soziale Situation 
        der Familie
       Mögliche Nachteile des Kinder- und Jugendarztes: 
      - hat meist keine speziellen 
        kinder- und jugend- 
        psychiatrischen Kenntnisse 
      - ist meist eher auf Moment- 
        als auf Prozessdiagnostik 
        geschult 
      - psychologische Diagnostik 
        wird in der Praxis i.d.R. 
        nicht angeboten 
      - bisweilen nur geringes 
        Wissen zu psychothera- 
        peutischen Verfahren 
        und lokalen Angeboten  | 
   
  
     
      Kinder- und Jugend- psychiater Facharzt für Kinder-
      und Jugend- psychiatrie und Psychotherapie 
      | 
    Die kinder- und
      jugendpsychiatrische Diagnostik geht in den wichtigen Bereichen der
      Hyperkinetischen Störung über die Fragestellungen der Kinderheilkunde
      hinaus. Meist wird ein Kinder- und Jugendpsychiater zunächst die gleichen
      pädiatrischen Untersuchungen vornehmen, um sichtbare organische Ursachen
      der Symptomatik ausschließen zu können. Darüber hinaus ist er ein
      Fachmann für Verhaltensauffälligkeiten, d.h. für Symptome von
      Störungen, welche wesentlich in Abhängigkeit von Entwicklung und Umwelt
      des Kindes zu sehen sind. So ist beispielsweise nächtliches Bettnässen
      im Alter von fünf Jahren noch sehr häufig, während die gleiche
      Symptomatik bei einem zehn Jahre alten Kind anders zu bewerten ist. Ebenso
      kann das gleiche Verhalten seine Ursache in einer basalen neurologischen
      Störung oder aber der abweichenden Prägung durch die Umwelt haben:
      Symptome des Autismus können durch die gleichnamige Störung
      hervorgerufen werden, allerdings auch durch das Aufwachsen in einer
      sozialen Umgebung, mit der das Kind nicht kommunizieren kann (u.a.
      Störungen des Sprachverständnisses oder des Gedächtnisses, aber auch
      Umsiedlung in einen anderen Sprach- und Kulturraum). Kinder- und
      Jugendpsychiater sollten darauf trainiert sein, aufgrund des in einer
      Person vereinten medizinischen und psychologischen Wissens physische und
      psychische Faktoren des Verhaltens unterscheiden zu können. Ihr
      professioneller Blick muss die statischen Symptome mit einem Verständnis
      für die psychosoziale Entwicklung des Patienten vereinen, um nicht nur
      die momentane Störung zu behandeln, sondern eine positive Entwicklung des
      Kindes oder Jugendlichen anzustoßen.
       Differentialdiagnose in Abgrenzung von anderen kinder- und
      jugendpsychiatrischen Störungen: 
      - Störung des Sozialverhaltens: Ein gestörtes Sozial- 
        verhalten ist kein Symptom der Hyperkinetischen 
        Störung, kann mit ihr jedoch verbunden sein. 
        V.a. die Impulsivität der Betroffenen begünstigt 
        Verhaltensweisen, die anderen Personen Schaden 
        zufügen, wobei der situative Vorteil antisozialen 
        Verhaltens (z.B. Sieg bei einer Schlägerei) eine 
        Tendenz schafft, solche Verhaltens weisen auch 
        willkürlich einzusetzen. Eine Sozialverhaltensstörung 
        muss unbedingt gesondert pädagogisch und 
        verhaltenstherapeutisch behandelt werden. 
      - Entwicklungsstörungen (u.a. Motorik, Sprache, 
        kognitive Fähigkeiten, aber auch Autismus): 
        Entwicklungsstörungen können ähnliche Symptome 
        hervorbringen wie die Hyperkinetische Störung. 
        In bestimmter Hinsicht ist auch die HKS eine 
        Entwicklungsstörung, insofern soziale Faktoren v.a. 
        in der frühkindlichen und kindlichen Entwicklung 
        auf die Hirnentwicklung einwirken. Im Fall der 
        "klassischen" Entwicklungsstörungen sind Symptome 
        wie Hyperaktivität und Unaufmerksamkeit jedoch 
        sekundärer Natur: sie sind Folgereaktionen einer 
        behinderten Kommunikation der Betroffenen mit 
        ihrer sozialen Umwelt. Die Entwicklungsstörung 
        muss daher primär behandelt werden, da sie 
        Folgen auch in anderen Bereichen menschlichen 
        Verhaltens hat. 
      - Affektive Störungen (Depression, Manie etc.): Sie 
        können Symptome der Hyperkinetischen Störung 
        hervorbringen - z.B. exzessive Aktivität und starke 
        Ablenkbarkeit -, jedoch auch als eigenständige 
        Störungen zu einer Hyperkinetischen Störung 
        hinzutreten. Die emotionalen Schwankungen bei 
        affektiven Störungen zeichnen sich durch längere 
        Phasen (Tage, Wochen und Monate) veränderter 
        Stimmung aus, während der Affektwechsel im 
        Fall der Hyperkinetischen Störung im Minuten- 
        oder Stundenrhythmus geschieht. Eine solide 
        Differentialdiagnose ist wichtig, da die Therapie 
        von Depression oder Manie mit Stimulanzien nicht 
        ungefährlich ist. Schließlich werden eine depressive 
        Lebensunlust oder eine krankhafte Hochstimmung 
        durch die Medikation kaum beeinflusst, während 
        die Aktivität verstärkt wird. Suizide oder extrem 
        risikoreiches Verhalten können die Konsequenz sein. 
      - Schizophrenie (Psychose ohne äußere Ursache, 
        bei der viele psychische Funktionen beeinträchtigt 
        sein können): Schizophrene Erkrankungen sind 
        hirnorganisch bedingte Formen der gestörten 
        Organisation kognitiver Prozesse. Sie gehen mit 
        einem teilweisen Verlust der willkürlichen Kontrolle 
        über das eigene Denken einher. Die Folge sind u.a. 
        falsche Vorstellungen der Realität, Überwertigkeit 
        von Ideen und Wahnvorstellungen, z.T. verzerrte 
        Wahrnehmung und vermeintliche Sinneseindrücke 
        (Halluzinationen), Abreisen von Gedanken und 
        unlogisches Handeln. Ähnlich den affektiven 
        Störungen begünstigen falsche Denkprozesse und 
        eine gestörte Wahrnehmung Verhaltensweisen, 
        die als Unaufmerksamkeit und Getriebenheit mit 
        den Symptomen der Hyperkinetischen Störung 
        verwechselt werden können. Insbesondere das 
        überraschende Auftreten der Symptomatik im 
        späten Kindes- sowie im Jugendalter grenzt die 
        Schizophrenie von der bereits im Vorschulalter sich  
        abzeichnenden Hyperkinetischen Störung ab. 
        Die seit kurzem in Wissenschaftskreisen geführte 
        Diskussion um eine sogenannte "ADHD-Psychose" 
        im Rahmen der Hyperkinetischen Störung hat 
        bislang noch keine überzeugenden Erkenntnisse 
        erbracht. 
      - Angststörungen (allgemeine Ängste, Ängste vor 
        bestimmten Gegenständen oder Situationen, 
        Panikattacken): V.a. reine Aufmerksamkeits- 
        störungen sind leicht mit Angststörungen zu 
        verwechseln, da Angst unsicher, unruhig und 
        unaufmerksam macht. Vielleicht gibt es jedoch 
        auch einen ursächlichen Zusammenhang von 
        Angst- und bestimmten Formen beeinträchtigter 
        Aufmerksamkeit (vgl. Ursachen der HKS),
      der v.a. 
        für die reine Aufmerksamkeitsstörung gilt. Zwar 
        sind hyperaktive Kinder meist ängstlicher als ihr 
        impulsives Handeln vermuten lässt, doch treten 
        generalisierte (allgemeine) Angststörungen bei 
        Hyperkinetikern eher selten auf. In diesem Sinne 
        profitieren Kinder und Jugendliche, die an einer 
        Angststörung leiden, häufig nicht über Gebühr von 
        einer Medikation mit Stimulanzien. Hier gelten die 
        gleichen Warnungen wie im Fall der affektiven 
        Störungen. 
      - Borderline-Störung (= emotional instabile Persönlich- 
        keitsstörung): Unter den Persönlichkeitsstörungen 
        der ICD-10 zählt die Borderline-Störung zu den 
        fragwürdigsten Störungsbildern. Das sogenannte 
        Borderline-Verhalten, d.h. das extreme Denken und 
        Handeln an den Außengrenzen der Normalität, 
        kennzeichnet die unvernünftige Übersteigerung 
        an sich logischer und sinnvoller Verhaltensweisen. 
        Tatsächlich weisen die Impulsivität und der rasche 
        Wechsel der Emotionen bei Borderline-Patienten 
        auf eine Nähe der Symptomatik zu jener der 
        Hyperkinetischen Störung hin. Da das Konstrukt der 
        Borderline-Störung jedoch wenig überzeugende 
        Hinweise zur Entstehung und Aufrechterhaltung 
        dieser Persönlichkeitsvariante bietet, ist heute 
        anzunehmen, dass viele Borderline diagnostizierte 
        Patienten (i.d.R. Erwachsene) letztlich an einer 
        Hyperkinetischen Störung leiden. Nichtsdestotrotz 
        ist eine Verfestigung von zunächst unwillkürlichem 
        hyperkinetischem Verhalten zu stabilen Zügen 
        einer auffälligen Persönlichkeit nicht auszuschließen. 
      - Tourette-Syndrom (multiple Tic-Störung): Die 
        unwillkürlich einschießenden Impulse, die Menschen 
        mit einer Tic-Störung zu ungewollten Bewegungen 
        oder verbalen Äußerungen veranlassen, sind der 
        Impulsivität als Symptom der Hyperkinetischen 
        Störung sehr ähnlich. Allerdings werden für diese 
        Störungen unterschiedliche neurologische Gründe 
        vermutet, da Tics ein primäres Problem "falscher" 
        Impulse im Gehirn sind, die Impulsivität der HKS 
        jedoch ein sekundäres Problem der Impulskontrolle 
        darstellt. Treten die Symptome der Hyperaktivität 
        nach jenen der Tic-Störung auf, so sind sie eher 
        eine Folge des Tourette als eine eigenständige 
        Störung. Zeigt sich die Hyperkinetische Störung vor 
        der Tic-Störung, so ist tendenziell von komorbiden 
        Auffälligkeiten auszugehen. Das Tourette-Syndrom 
        wird jedoch nicht - wie bisweilen behauptet - durch 
        eine medikamentöse Behandlung mit Stimulanzien 
        ausgelöst. Allenfalls ist unter Medikation in Einzel- 
        fällen eine Intensivierung der Tics zu beobachten. 
      Nur wenige psychiatrische Störungen schließen sich gegenseitig aus.
      Daher ist es durchaus denkbar, dass die Hyperkinetische Störung bisweilen
      komorbid, d.h. in Gemeinschaft mit anderen Störungen (allen voran:
      Störung des Sozialverhaltens) auftritt. Grundsätzlich gilt jedoch: Je
      mehr psychiatrische Diagnosen ein Patient hat, desto größer die
      Wahrscheinlichkeit, dass keine von ihnen stimmt! Aufgabe des
      Psychiaters ist es, aus der Einheit der Symptome auf jene Ursache zu
      schließen, die alle Auffälligkeiten möglichst ohne unklaren Rest
      erklärt. Dazu sind bisweilen Verfahren einzusetzen, die in vielen
      psychiatrischen Praxen nicht vorhanden sind, deren typische Anwendung und
      Interpretation der Resultate
      vom Arzt allerdings beherrscht werden sollten. 
      Apparative ärztlich-psychiatrische Diagnostik: 
      - EEG (Elektroenzephalogramm): Die Messung
      der 
        Hirnströme erbringt keinen schlüssigen Hinweis auf 
        eine Hyperkinetische Störung. Sie gehört jedoch zur 
        Routineuntersuchung im Hinblick auf Epilepsien. 
        Das Vorliegen einer Epilepsie ist kein Hindernis für 
        eine medikamentöse Behandlung der HKS. Dennoch 
        macht es Sinn, im Fall einer Epilepsie zunächst diese 
        zu behandeln und mögliche Auswirkungen auf 
        die Symptomatik der Hyperkinetischen Störung 
        abzuwarten. Zu wissenschaftlichen Zwecken 
        werden EEGs bisweilen unter gezielter Stimulation 
        abgeleitet: Die dabei zu beobachtenden sog. 
        Ereigniskorrelierten Potenziale weisen im Bereich 
        bestimmter Latenzen, d.h. Zeiträumen nach der 
        Stimulation durch Bilder oder Töne, abweichende 
        Effekte für Hyperkinetiker auf. 
      - Computer-Tomographie (CT - bildgebendes 
        Verfahren zur Untersuchung von Hirnstrukturen, 
        seltener auch zur Funktionsprüfung mittels PET = 
        Positronen-Emissions-Tomographie): CT-Bilder 
        erlauben die Untersuchung des Gehirns nach 
        etwaigen strukturellen Schädigungen, im Fall der 
        einer hyperkinetischen Symptomatik u.a. eine 
        Schädigung des präfrontalen Cortex (sog. 
        Frontalhirn-Syndrom). Sind eindeutige Symptome 
        einer Verhaltensstörung beobachtbar, können 
        diese mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit 
        sichtbaren Abweichungen in dafür relevanten 
        Hirnarealen zugeordnet werden. Umgekehrt ist es 
        allerdings schwer, aus strukturellen Schädigungen 
        exakt auf bestimmte Funktionsdefizite zu schließen. 
        Daher liegt der Gewinn der CT v.a. im Ausschluss 
        von Krebserkrankungen (Hirntumor) oder auch  
        fortschreitender degenerativer Erkrankungen, 
        welche Hirnstrukturen zerstören. 
      - Neuropsychologische Testung (s.o.):
      Bei vielen 
        psychiatrischen Störungen ist eine neurologische 
        Untersuchung, zu der auch neuropsychologische 
        Hirnfunktionsüberprüfungen dazugehören, sinnvoll. 
        Heutige Testverfahren basieren i.d.R. auf teuren 
        Computerprogrammen mit zusätzlicher Hardware 
        (Taster, elektronische Zeichenbretter, etc.). Oft 
        wird eine derartige Diagnostik nur in Kliniken bzw. 
        Klinikambulanzen angeboten. Eine zuverlässige 
        Diagnose von Aufmerksamkeitsstörungen ist ohne 
        apparative neuropsychologische Diagnostik 
        jedoch nicht möglich. 
      Neben den apparativen Verfahren wird der Kinder- und Jugendpsychiater
      i.d.R. ebenfalls - vergleichbar dem Pädiater (s.o.)
      - Laboruntersuchungen von Blut und/oder Urin vornehmen lassen. Im
      Alltag mag etwaiger Drogenkonsum zu den interessantesten Befunden
      dieser Untersuchungen zählen. Dabei ist es weniger der Drogengebrauch an
      sich, der recht unterschiedliche Gründe haben kann, als vielmehr sein
      Einfluss auf praktisch jede Form der Therapie, der im Fall des Nachweises
      von Drogen für die weitere Vorgehensweise des Psychiaters von Bedeutung
      ist . Denn Drogen wirken meist unmittelbar auf das Verhalten. Sucht, die
      keinesfalls aus jeder Droge und allen Arten des Konsums resultiert, 
      ist letztlich die psychische Variante des Schmerzes. Wer jemals große
      Schmerzen am eigenen Leib erlebt hat, der weiß, zu welchen Handlungen wir
      alle fähig sind in der wilden Hoffnung, den Schmerz zu beenden.
      Patienten, die Drogen konsumieren, sind daher zu Zeiten, in denen sie
      unter dem Einfluss von Drogen stehen oder (bei Sucht) vom Verlangen nach
      ihnen gelenkt werden, nicht in gleicher Weise therapeutischen
      Interventionen zugänglich wie unter normalen Umständen bzw. im Vergleich
      zu Nicht-Drogenkonsumenten. Dies gilt für alle Formen psychischer oder
      physischer Störungen sowie für jede Art effektiver Psychotherapie. 
      Anamnestische Daten und Verhaltensbeobachtung sind
      Informationsquellen, welche der Kinder- und Jugendpsychiater
      "beherrschen" sollte, angesichts derer allerdings auch er
      natürlichen Beschränkungen bzw. einer Einengung des Blickwinkels
      unterliegt. Im Fall der Anamnese sind die Grenzen der Information
      die Grenzen der Bereitschaft von Patient und Eltern, Informationen
      preiszugeben bzw. Kontakte zu weiteren Informationsquellen wie
      Kindergarten oder Schule zu erlauben. Wird der Facharzt nur aufgrund einer
      isolierten Verhaltensauffälligkeit bzw. mit dem Ziel einer
      Diagnosestellung aufgesucht, besteht die Gefahr, dass Zeitrahmen und
      elterliche Absichten eine einseitige Betrachtung des Falles begünstigen.
      Daher ist es notwendig, auch in offensichtlich erscheinenden und
      dringenden Fällen eine umfassende Anamnese durchzuführen. Der einfache
      Bezug auf Informationen aus nur einer Quelle oder auch Vorbefunde
      anderer Stellen ist nicht ausreichend. Auch hier ist bei aller Erfahrung
      routinierter Kinder- und Jugendpsychiater die Verwendung standardisierter
      Fragebögen zu empfehlen, die zudem im Vorfeld eines Arztbesuches
      ausgefüllt werden und als Ausgangspunkt einer eingehenden mündlichen
      Befragung dienen können. Für Verhaltensbeobachtungen im Rahmen
      der medizinischen Diagnostik gilt der gleichen Vorbehalt wie im Fall der
      Kinder- und Jugendärzte. Allerdings können entsprechend geschulte
      Fachärzte, zu deren Fach die Verhaltensdiagnostik dazugehört, eher noch
      als andere Mediziner von situativen Beobachtungen auf zugrundeliegende
      Störungen schließen. 
         | 
    Fachärzte für
      Kinder- und Jugendpsychiatrie sind nach Art und Umfang ihrer
      Ausbildung neben Klinischen Psychologen für Kinder und Jugendliche
      die eigentlichen Experten in der Diagnose der Hyperkinetischen Störung.
      Als mittlerweile häufigste kinder- und jugendpsychiatrische Diagnose
      gehört die Verhaltensauffälligkeit zum täglichen Geschäft dieser
      Fachleute. Dennoch zeigt sich im medizinischen Alltag, dass die
      Diagnosestellung häufig nicht mit der nötigen Vorsicht und dem gebotenen
      Aufwand vorgenommen wird. Die Fachkenntnis der Experten erscheint
      bisweilen mit geringerem Wissen in der Allgemeinmedizin erkauft. Zudem hat
      die Konsultation eines Facharztes gegenüber der kontinuierlichen
      Betreuung des Patienten beim Kinder- und Jugendarzt durchaus Nachteile, da
      erster i.d.R. nicht in gleichem Maße die umfassende Entwicklung des
      Kindes verfolgen kann. Die gesicherte Diagnose einer kinderpsychiatrischen
      Störung ist alles in allem jedoch eher auf Grundlage der Fachkenntnisse
      des Psychiaters zu erwarten, der im besten Fall auf die Erfahrungen des
      Pädiaters zurückgreift.
       Vorzüge des Kinder- und Jugendpsychiaters: 
      - Spezielle Fachkenntnisse 
        im Bereich psychischer 
        Störungen des Kindes- 
        und Jugendalters 
      - Erfahrungen in der 
        Unterscheidung diverser 
        Störungsbilder und 
        möglicher Ursachen 
      - Kenntnisse zu weiteren 
        diagnostischen Verfahren 
      - Kenntnisse zu passenden 
        Behandlungsformen und 
        entsprechenden lokalen 
        Angeboten 
      Mögliche Nachteile des
      Kinder-&Jugendpsychiaters: 
      - Bisweilen isolierte Fach- 
        kenntnisse ohne gutes 
        allgemeinmedizinisches 
        Wissen 
      - Art des Untersuchungs- und 
        Behandlungsauftrages 
        begünstigt eine einseitige 
        Sichtweise auf das Kind 
        und seine Familie 
      - Niedergelassene Kinder- 
        und Jugendpsychiater 
        neigen (auch aufgrund 
        gezielter Konsultationen 
        seitens der Eltern) zu 
        Schwerpunkt-Praxen, in 
        welchen eine Diagnose 
        aus Gewöhnung u.U. 
        vorschnell gestellt wird 
      - Manche Fachärzte 
        bevorzugen medizinische, 
        meist medikamentöse 
        Behandlungsformen; das 
        muss nicht von Nachteil 
        für die Patienten sein, 
        lässt aber bisweilen gute 
        Alternativen außen vor  | 
   
  
     
      Neurologe, Radiologe 
      Facharzt für Neurologie / Nervenheil- kunde 
      Facharzt für Radiologie  | 
    Neurologie und Radiologie
      sind zwei eigenständige Facharztrichtungen, deren Kompetenzen im
      Rahmen der Diagnose am Rande von Bedeutung sein können.
       Die Neurologie befasst sich mit Gestalt und Funktion des
      Nervensystems sowie dessen Veränderung durch Krankheiten oder äußere
      Einwirkungen. Ausgehend von ihrem Anspruch erscheint sie als die medizinische
      Disziplin, die der heute vermuteten Ursache der Hyperkinetischen Störung
      inhaltlich am nächsten steht. Tatsächlich sind einige der 
      Wissenschaftler, die sich aktuell mit dieser Störung befassen, Neurologen.
       Im therapeutischen Alltag hat sich dies allerdings noch nicht
      niedergeschlagen. Zum einen, weil die Hyperkinetische Störung lange als
      "Kinderkrankheit" angesehen und von der v.a. mit
      Erwachsenenleiden konfrontierten Neurologie vernachlässigt wurde. Dabei
      ist sicher auch von Bedeutung, dass einer speziellen Kinderneurologie in
      Deutschland bislang noch nicht die Rolle zukommt, wie sie diese Disziplin
      beispielsweise in den USA hat. Zum anderen verfügen Neurologen meist
      nicht über das psychologische und psychiatrische Wissen, das neben einer
      Diagnose neurologischer Auffälligkeiten für die umfassende Therapie der
      Störung nötig ist. Dennoch können sie gegebenenfalls wichtige Hilfe bei
      der Abgrenzung der Hyperkinetischen Störung von anderen Auffälligkeiten
      der Hirnfunktion leisten. 
      Neurologen sind geeignete Ansprechpartner bei der Untersuchung von: 
      - Auffälligkeiten der Hirnfunktion, wie sie durch 
        Krankheiten oder Schädigungen entstehen 
      - Störungen der Muskelfunktion (Bewegung und 
        Haltung - u.a. Ataxie); sie sind im Grunde nicht mit 
        Kernsymptomen der Hyperkinetischen Störung zu 
        verwechseln, rücken allerdings in jüngster Zeit 
        durch bestimmte Therapieformen (u.a. 
        Ergotherapie / Sensorische Integration) und 
        zahlreiche Elternratgeber mit Ratschlägen zur 
        Motorik ins Blickfeld des Interesses 
      -  Störungen der Bewegungssteuerung (z.B. im Fall 
        von Spasmen - u.a. Zerebralparese); auch diese 
        Bewegungsstörungen sind ihrer Erscheinung nach 
        nicht mit Symptomen der Hyperkinetischen 
        Störung zu verwechseln, doch nähern sich durch 
        die wissenschaftliche Erforschung motorischer 
        Prozesse die Felder und v.a. die Kompetenzen 
        einzelner Ärzte auf beiden Gebieten an 
      - Epilepsien (s.o. unter Kinder- und
      Jugendarzt) 
      Die Radiologie ist die medizinische Fachdisziplin, die sich mit
      der diagnostischen und therapeutischen Anwendung von "Strahlung"
      befasst. Was auf dem Gebiet der Therapie nach Krebsbehandlung klingt, ist
      auf Seiten der Diagnose Alltag: Röntgenaufnahmen, aber auch
      Funktionsuntersuchungen mittels der Computer-Tomographie gehören zum
      Geschäft des Radiologen. V.a. letztere gewinnen - derzeit jedoch meist
      noch auf die wissenschaftliche Erforschung der Hyperkinetischen Störung
      beschränkt - zunehmend an Bedeutung. Durch moderne radiologische
      Verfahren konnte z.B. die Wirkung des Methylphenidats (der Wirkstoff in
      Medikamenten wie Ritalin ®) z.T. sichtbar gemacht werden. Für
      alltägliche Untersuchungen sind solche Diagnoseverfahren jedoch viel zu
      teuer. Zudem gibt es v.a. bei Kindern und Jugendlichen Vorbehalte gegen
      Untersuchungsmethoden, die möglicherweise riskante Eingriffe erfordern.
      Dazu zählt auch das Einführen von sog. Kontrastmitteln, d.h. Substanzen,
      die bestimmte Areale oder Funktionen des Gehirns erst darstellbar machen.
      Dennoch steht die Erforschung und diagnostische Nutzbarmachung moderner
      radiologischer Techniken erst am Anfang. Da sie - bei Kenntnis der
      relevanten Funktionen - sehr genaue Informationen über das Gehirn liefern
      und ihre Verfeinerung eine immer geringere Belastung des Patienten
      darstellt, werden radiologische Verfahren vielleicht schon in zehn oder
      zwanzig Jahren zum diagnostischen Standardprogramms bei Verdacht auf eine
      Hyperkinetische Störung gehören. 
         | 
    Neurologen und
      Radiologen können durch ihre speziellen fachärztlichen Kenntnisse
      zur Diagnose, v.a. zur besseren Abgrenzung von Störungen im Bereich der
      Psychiatrie beitragen. Während die Neurologie aufgrund ihrer inhaltlichen
      Ausrichtung für den Umgang mit der Hyperkinetischen Störung bedingt
      vorbereitet ist, müssen radiologische Verfahren wie z.B. die
      Computer-Tomographie ihre Alltagstauglichkeit erst herstellen. Beiden
      Facharztrichtungen wird in Zukunft jedoch absehbar mehr Bedeutung v.a. in
      der Diagnose der Störung zukommen.
       Vorzüge des Neurologen: 
      - spezifische Kenntnisse in 
        der Diagnose und Therapie 
        von Funktionsstörungen im 
        gesamten Nervensystem 
      - spezielles Wissen im Bereich 
        der Bewegungssteuerung 
        bzw. der Haltungs- und 
        Bewegungsfunktionen 
      - häufig wissenschaftlich 
        orientiert (v.a. in Kliniken), 
        daher nicht selten auf 
        dem neuesten Stand des 
        Fachwissens 
      - Ansprechpartner bei 
        Epilepsie 
      Mögliche Nachteile des Neurologen: 
      - Experten für Kinder- 
        Neurologie eher selten 
        und häufig nicht mit 
        speziellen Kenntnissen 
        zur HKS / ADHS 
      - z.T. nur eingeschränkte 
        entwicklungspsycholog. 
        Kenntnisse 
      - Fachleute bisweilen stark 
        wissenschaftlich orientiert, 
        d.h. therapeutisch nur 
        eingeschränkt aktiv 
      Besondere Kompetenzen des Radiologen: 
      - Experte für bildgebende 
        Verfahren, d.h. in Zukunft 
        wachsende Bedeutung 
        für die Diagnose der 
        Hyperkinetischen Störung 
      - liefert wichtige Beiträge 
        für das wissenschaftliche 
        Verständnis der Störung  | 
   
  
     
      Allergologe 
      Zusätzliche Qualifikation im Rahmen der fachärztlichen
      Ausbildung  | 
    Allergologen
      sind Fachärzte unterschiedlicher medizinischer Fachrichtungen, die
      sich zusätzlich auf dem Gebiet der Allergiebehandlung qualifiziert haben.
      I.d.R. handelt es sich dabei um Hautärzte (Dermatologen),
      Hals-Nasen-Ohrenärzte, Fachärzte für Innere Medizin (Internisten) oder
      Allgemeinärzte. Allergien bzw. Nahrungsmittelunverträglichkeiten waren
      lange als Ursache der Hyperkinetischen Störung
      im Gespräch (v.a. Phosphate, Zucker). Heute geht man davon aus, dass allenfalls
      eine kleine Gruppe von Betroffenen primär aufgrund von Allergien Symptome
      der Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität zeigt. Dies schlägt sich in
      einer nachweislich geringen Wirksamkeit auch umfangreicher diätischer,
      d.h. die Ernährung beschränkender Maßnahmen wie z.B. phosphatfreier,
      zuckerarmer oder oligoantigener, auf zahlreiche bekanntermaßen
      allergieverursachende Nahrungsmittel verzichtender Kost nieder. Eine
      umfassende unmittelbare Differenzierung denkbarer allergieauslösenden
      Stoffe von anderen in Frage kommenden Umwelteinflüssen ist kaum zu
      leisten, denn neben der Vielfalt unserer Nahrung sind wir auch zahlreichen
      Substanzen in der Luft, natürlicher und künstlicher Strahlung sowie
      sozialen (psychischen) Einwirkungen ausgesetzt. Dennoch können Allergien
      mittelbar verschiedene Symptome hervorrufen, die der Symptomatik der
      Hyperkinetischen Störung oft ähnlich erscheinen. Schließlich kann
      beispielsweise Juckreiz äußerst quälend sein und die Konzentration auf
      Unterricht oder Arbeit stark behindern.
       Allergien sollten ausgetestet werden, wenn 
      - neben der hyperkinetischen Symptomatik noch 
        andere Anzeichen von allergischen Reaktionen 
        oder Nahrungsmittelunverträglichkeit bestehen 
        (z.B. Heuschnupfen, Asthma, Hautauschläge nach 
        dem Verzehr bestimmter Produkte, etc.) 
      - Allergien in der Familie gehäuft auftreten 
      - regelmäßig bestimmte Medikamente 
        eingenommen werden 
      - der begründete Verdacht besteht, dass die  
        Umwelt (Erdboden, Bausubstanz, Möbel, etc.) 
        mit möglicherweise unverträglichen Substanzen 
        belastet sein könnte 
      Ein fester Zusammenhang zwischen Allergien und der Hyperkinetischen
      Störung besteht nicht. Diäten oder räumliche Veränderungen
      (spezielle Bausubstanzen, Abschirmungen oder Raumgestaltung) zeigen i.d.R.
      keinen überzufälligen Effekt in der Behandlung der Hyperkinetischen
      Störung. Ob und inwieweit eine diagnostizierte Allergie zu
      Verhaltensauffälligkeiten wie Unaufmerksamkeit oder Hyperaktivität
      beiträgt, kann nur eine erfolgreiche Behandlung der Allergie zuverlässig
      klären. Eine Komorbidität von Allergie und Hyperkinetischer Störung ist
      nach Ausschluss anderer Faktoren (z.B. Konsequenzen
      gesundheitsschädlicher Verhaltensweisen für das Immunsystem) vermutlich
      so häufig wie das zufällig gemeinsame Auftreten beider Leiden. 
         | 
    Allergologen
      sind Experten verschiedener Facharzt- Richtungen, die sich zudem
      auf die Diagnose und Behandlung von Allergien spezialisiert haben.
      Rund 1/3 aller Kinder und Jugendlichen leidet heute unter einer der
      zahlreichen Allergieformen. Daher ist anzunehmen, dass auch ein
      vergleichbarer Anteil der hyperkinetischen Kinder zugleich allergische
      Reaktionen auf Nahrung oder Substanzen in der Luft zeigt. Allergien
      können zur äußerlichen Verstärkung der  sichtbaren Symptome einer
      Hyperkinetischen Störung beitragen, u.a. die Unruhe (als Folge von
      Juckreiz), die Ablenkbarkeit (aufgrund der unangenehmen Empfindung) und
      die Reizbarkeit (Ärger über die störende Wirkung der Allergie)
      verschärfen. Allergien sind jedoch keine Ursache der
      Hyperkinetischen Störung.
       Vorzüge des Allergologen: 
      - Kenntnisse über mögliche 
        Auslöser hyperkinetischer 
        Symptome durch Stoffe 
        v.a. in Luft und Nahrung 
      - wichtig für die Diagnose 
        und Therapie komorbider 
        Allergien, welche die 
        Symptome der HKS 
        verstärken können 
      Mögliche Nachteile des Allergologen: 
      - gelegentlich kommt es 
        vor, dass Fachleute einer 
        Disziplin - beileibe nicht 
        nur Ärzte! - eine Vielzahl 
        von Problemen und ihre 
        Lösung verstärkt für ihr 
        Fachgebiet reklamieren; 
        wenn die Therapie einer 
        Allergie als mutmaßlicher 
        Ursache einer HKS keine 
        merkliche Verbesserung 
        der Symptomatik bringt, 
        sollten stets auch andere 
        Diagnose- und Therapie- 
        Wege beschritten werden  | 
   
  
     
      Ohrenarzt 
      Hals-Nasen- Ohren-Arzt 
        
        
      Augenarzt 
      Facharzt für Augenheilkunde  | 
    Hören und
      Sehen sind elementare Voraussetzungen für das Lernen eines Kindes
      und für jede alltägliche Kommunikation auch unter Erwachsenen. Während
      der Verlust der Seh- oder Hörfähigkeit Erwachsene "nur" in
      ihrem aktuellen sozialen Kontakt einschränkt (was nichtsdestotrotz zu
      erheblichen Auffälligkeiten im Verhalten führen kann), sind die Effekte
      solcher oftmals leider erst spät bemerkter Behinderungen in der Phase
      kindlicher Entwicklung kaum abzuschätzen. Bereits im dritten Lebensjahr
      lernt ein Kind zu rund 90 Prozent mittels der Sprache. Leidet es an physischen
      Einschränkungen des Hörvermögens, ohne dass dies rechtzeitig
      diagnostiziert und wirksam behandelt wird, verpasst es zahlreiche
      Gelegenheiten der sozialen Kontaktaufnahme und des Lernens. Meist
      gerät es so mit seiner gesamten Entwicklung ins Hintertreffen und zeigt
      wachsende Schwierigkeiten, sich an die sozialen Bedingungen seiner Umwelt
      anzupassen. Ähnliches gilt für leichte Sehbehinderungen, die u.U. erst
      nach mehreren Schuljahren auffallen. Inzwischen hat das Kind jedoch viele
      Lernprozesse nicht entsprechend den schulischen Anforderungen durchlaufen
      und leidet unter Defiziten, da es Tafeldarstellungen nicht entziffern
      und visuelle Signale in der Gemeinschaft nur schwer erkennen kann. Aus
      Beschränkungen beider Sinnesmodalitäten können somit im wechselseitigen
      Vorgang des Nichterkennens und Nichtverstehens sowie der ungenügenden
      sozialen Anpassung und den verständnislosen Reaktionen der Umwelt massive
      Verhaltensauffälligkeiten und schließlich -störungen entstehen. Hör-
      und Sehtests sollten daher zum festen Programm jeder Untersuchung auch
      psychiatrischer Symptomatik gehören.
       Hals-Nasen-Ohrenärzte (HNO-Ärzte) sind immer zu konsultieren, wenn 
      - Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen 
        auftreten; um Regeln verstehen und einhalten zu 
        können, muss ein Kind Sprache richtig hören 
      - das Sprachverständnis eingeschränkt erscheint; 
        manche HNO-Ärzte, die sich auf den Umgang 
        mit Kindern spezialisiert haben, führen mittlerweile 
        sog. pädaudiologische Untersuchungen durch, 
        die nicht nur das physische Hörvermögen, sondern 
        auch Hörverständnisleistungen erfassen 
      - häufig grippale Infekte oder Entzündungen des 
        Ohres bzw. der Hörwege beobachtet werden; 
        auch wenn die Hörleistung in Phasen der  
        Gesundheit normal ist, können zahlreiche längere 
        Abschnitte von Krankheit zur Ansammlung von 
        Lern- und Anpassungsdefiziten führen 
      Eine augenärztliche Kontrolle der Sehfähigkeit sollte wie
      regelmäßige pädiatrische Untersuchungen zur Standarddiagnostik in
      allen Phasen der Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen
      gehören. Liegt zum Zeitpunkt einer kinder- und jugendpsychiatrischen
      Untersuchung aufgrund von Lern-, Leistungs- oder Verhaltensstörungen kein
      aktueller augenärztlicher Befund vor, sollte dieser eingeholt werden.
      Besteht ein Verdacht auf Wahrnehmungsstörungen, müssen diese,
      unabhängig von einem unauffälligen Befund des Augenarztes, mit neuropsychologischen
      Tests untersucht werden. Allerdings ist der Einfluss vieler heute
      diagnostizierbarer tatsächlicher oder auch vermeintlicher
      Wahrnehmungsstörungen auf Lernen und Verhalten kritisch zu betrachten.
      Nur erhebliche isolierte Einschränkungen rechtfertigen die Hoffnung, dass
      komplexe Lernstörungen oder Verhaltensmuster in erster Linie auf diesen
      Defiziten beruhen und mittels basaler Wahrnehmungstrainings o.ä.
      nachhaltig zu beeinflussen sind. 
      Hör- und/oder Sehstörungen sind keine Ursachen der
      Hyperkinetischen Störung. Aus Defiziten im Hören und Sehen
      resultiert daher keine unmittelbaren Störung der Aufmerksamkeit
      oder des Verhaltens. Dennoch ist der Einfluss unerkannter Schwierigkeiten
      beim Hören oder Sehen auf die kindliche Entwicklung groß. Zudem genügen
      häufig einfachste Maßnahmen, um diese Einschränkungen zu korrigieren
      bzw. durch Anpassung des Erziehungsverhalten sowie der Beschulung in
      vielen Bereichen wirksam auszugleichen. 
         | 
    HNO- und Augenarzt
      als die Experten für die zentralen Wahrnehmungsorgane Ohr und Auge
      sollten stets dann konsultiert werden, wenn Defizite in der Beherrschung
      komplexer Fertigkeiten oder der Verhaltenssteuerung auf 
      Wahrnehmungsprobleme hinweisen. Zwar prüfen sie i.d.R. nur die physischen
      Voraussetzungen des Hörens bzw. Sehens, doch werden organische
      Einschränkungen bisweilen nicht rechtzeitig erkannt oder in ihrer
      Bedeutung für den Aufbau kognitiver Fähigkeiten und die
      Verhaltenssteuerung gewürdigt.
       Vorzüge der Fachärzte für Ohren und Augen: 
      - Experten für die Funktion 
        der Sinnesorgane 
      - verfügen über die appa- 
        rativen Voraussetzungen 
        zur Überprüfung der 
        Leistungsfähigkeit der 
        Sinnesorgane 
      Mögliche Nachteile bei der Beschränkung auf eine
      reine Funktionsprüfung der Sinnesorgane: 
      - falls Hör- oder Sehstörungen 
        bei Vorliegen einer  
        Hyperkinetischen Störung  
        diagnostiziert werden, 
        besteht bisweilen die 
        Gefahr, dass die Symptome 
        vorschnell auf organische 
        Beeinträchtigungen des 
        Hörens oder Sehens 
        zurückgeführt werden  | 
   
  
     
      Ärzte für Erwachsene 
      Foto: The Institute of Pennsylvania Hospital,
      die älteste Psychiatrie in den USA  | 
    Für
      die Diagnose der Hyperkinetischen Störung im Erwachsenenalter sind
      mit Ausnahmen die gleichen Ärzte zuständig wie bei Kindern und
      Jugendlichen. Primärer Ansprechpartner ist der Hausarzt, meist ein Facharzt
      für Allgemeinmedizin. Er überweist an einen weiteren Facharzt,
      i.d.R. einen Psychiater oder einen Neurologen. Da die
      Hyperkinetische  Störung sowohl in der ICD-10 der WHO als auch dem
      DSM-IV der APA unter den Störungen mit Beginn in Kindheit und Jugend steht
      (was ja sachlich richtig ist), diese große Gruppe von psychiatrischen
      Störungen allerdings seitens der Erwachsenenpsychiater stiefmütterlich
      behandelt wird, kam es in Deutschland erst in den letzten Jahren zur
      vermehrten Diagnose der HKS durch Psychiater. Viele Betroffene wurden
      zuvor - und werden bis heute - trotz augenfälliger Symptomatik v.a. mit
      psychiatrischen Diagnosen aus dem Bereich der Persönlichkeitsstörungen
      belegt (u.a. Borderline). Auch die Neurologie
      steht erst an den Anfängen eines angemessenen therapeutischen Umgangs mit
      der Hyperkinetischen Störung.
       Obwohl die Diagnose der Hyperkinetischen Störung bei Erwachsenen
      eigentlich aufwendiger als im Fall von Kindern sein müsste, da neben der aktuellen
      Symptomatik der Nachweis der Betroffenheit bereits im Kindesalter geführt
      werden soll, ist der Umfang des diagnostischen Prozesses i.d.R. eher
      geringer. Dies liegt daran, dass eine Reihe von Fragestellungen, die in
      Kindheit und Jugend wichtig sind, für Erwachsene kaum mehr eine Bedeutung
      haben. Dazu zählt v.a. die Abgrenzung der Hyperkinetischen Störung von
      Entwicklungs-, Lern- und Leistungsstörungen. Ohne Zweifel mögen die
      Folgen solcher Defizite noch im Erwachsenenalter wirksam sein, doch für
      die Wahl der therapeutischen Maßnahmen sind sie nicht weiter von Belang. Diagnostische
      Informationen sollten aber nur dann erhoben werden, wenn sie im weiteren
      der Behandlung des Patienten dienen. Darüber hinaus stößt der
      Rückgriff auf Beobachtungen Dritter, meist Familienmitglieder und Freunde
      des Erwachsenen, an Grenzen. Nicht nur, dass diese Datenquellen kaum
      umfänglich zur Verfügung stehen und, insofern sie zumeist vom
      Betroffenen selbst benannt werden, der gleichen Subjektivität wie sein
      Bericht unterliegen. Es stellt sich auch die Frage, inwieweit ein Arzt
      das Recht hat, die Angaben seines mündigen Patienten durch Aussagen
      anderer Personen zu überprüfen und/oder zu ergänzen. Zumindest für
      psychotherapeutische Interventionen stellt ein solches Vorgehen, wenn es
      gegen den Willen des Betroffenen geschieht, keine gute Grundlage dar. Hier
      sollte der Arzt neben einer ausführlichen Anamnese sowie
      neuropsychologischen Testung v.a. sein Wissen und seine Erfahrung zu Rate
      ziehen. Schließlich geschieht auch die Behandlung des Erwachsenen in
      beiderseitiger Verantwortung und muss hier so sehr auf die
      Zuverlässigkeit des Patienten vertrauen wie im Fall des Kindes oder
      Jugendlichen auf die der Eltern und Erzieher. 
      Im Erwachsenenalter differentialdiagnostisch zu betrachtende
      Störungen bzw. Umstände: 
      - Alle oben genannten psychiatrischen und 
        neurologischen Störungen, die im Kindes- und 
        Jugendalter auftreten können, sind auch bei 
        Erwachsenen zu beobachten; i.d.R. ist es jedoch 
        eher unwahrscheinlich, dass solche Defizite und 
        Krankheiten nicht bereits früher aufgefallen sind, 
        so dass bei "neuen" Beschwerden ohne erkenn- 
        und zurückverfolgbare Geschichte in Kindheit 
        und Jugend der Fokus auf anderen Ursachen, 
        nicht auf der Annahme einer Hyperkinetischen 
        Störung liegen sollte. 
      - Stress gehört zum Alltag unserer Gesellschaft; 
        die Lern- und Leistungsanforderungen auch an 
        Erwachsene nehmen in unserer Kultur beständig  
        zu, so dass das subjektive Empfinden, der Kontrolle 
        des eigenen Lebens nicht mehr vollständig  
        gewachsen zu sein, weit verbreitet ist; Unruhe 
        und Unaufmerksamkeit werden unter diesen 
        Umständen bisweilen in einem Maße als auffällig 
        erlebt, das nicht der Wirklichkeit entspricht; eine 
        Diagnosestellung im Erwachsenenalter sollte 
        daher insbesondere psychosoziale Stressoren in 
        Betracht ziehen, wenn seitens der Patienten 
        Nervosität und Zerstreutheit berichtet werden. 
      - Insbesondere die Aufmerksamkeitsleistungen des 
        menschlichen Gehirns sind im Erwachsenenalter 
        stark vom Gebrauch des Gedächtnisses abhängig; 
        die aktive geistige Auseinandersetzung mit 
        intellektuell anspruchsvollen Themen sowie ein 
        kontinuierliches Gedächtnistraining erhalten die 
        zugrundeliegenden Funktionen und Strukturen; 
        mangelndes Denken und geringes aktives Erinnern 
        führen zum Verfall des Gedächtnisses und langfristig 
        auch seiner neuronalen Grundlage; Defizite in 
        der Aufmerksamkeitsleistung, die nicht bereits im 
        Kindesalter aufgefallen sind und nicht mit 
        Symptomen der Impulsivität und Hyperaktivität 
        einhergehen, können mannigfaltige Ursachen 
        jenseits einer Hyperkinetischen Störung haben; 
        meist bessert eine Medikation mit Stimulanzien die 
        Symptomatik durch die kortikale Aktivierung auch 
        dann, wenn keine HKS vorliegt; die allgemeinen 
        kognitiven Effekte von Stimulanzien sind kein 
        Diagnosekriterium, schränken ihre Anwendbarkeit 
        somit allerdings auch nicht spezifisch ein. 
      Radiologische Untersuchungen sowie die  Überprüfung der Hör- und
      Sehleistung machen im mittleren und höheren Erwachsenenalter v.a.
      dann Sinn, wenn eine akute Symptomatik vorliegt: bei merklicher Abnahme
      der kognitiven Leistungsfähigkeit bzw. der Leistungen der Sinnesorgane.
      In diesem Fall kommen vielfältige Ursachen für solche degenerativen,
      d.h. Fähigkeiten abbauenden Prozesse in Frage. Sie sind entweder Teil der
      natürlichen Entwicklung, insofern der Erhalt der körperlichen
      Leistungsfähigkeit stark von der Aktivität des Menschen abhängt und
      unsere Gesellschaft zur Entlastung älterer Menschen bzw. bestimmter
      sozialer Gruppen von der Notwendigkeit des Arbeitens neigt. Kognitive
      Abbauprozesse können jedoch auch ein Symptom krankhafter
      Veränderungen sein, die mit zunehmendem Alter häufiger werden. Sie
      können mittels bildgebender Verfahren heute oft frühzeitig
      diagnostiziert und behandelt werden. Einerseits sollte also das subjektive
      Empfinden von Unruhe, Nervosität oder Aufmerksamkeitsproblemen bei
      Erwachsenen nicht automatisch als Ausdruck einer psychiatrischen Störung
      gewertet werden. Andererseits legt eine akute Symptomatik, d.h. eine
      merkliche Veränderung der Leistungsfähigkeit innerhalb eines relativ
      kurzen Zeitraumes eine Reihe von möglichen Ursachen nahe, denen
      sicherheitshalber nachgegangen werden sollte, um beispielsweise
      fortschreitende Erkrankungen des Nervensystems auszuschließen. Die
      Diagnose einer Hyperkinetischen Störung im Erwachsenenalter macht für
      die Betroffenen nur dann Sinn, wenn im Verhalten ein alle Lebensphasen
      durchziehendes Muster an spezifischen Auffälligkeiten erkennbar ist,
      die noch zum Zeitpunkt der Diagnosestellung eine merkliche
      Einschränkung der Lebensqualität bedeuten und im Namen der
      Diagnose eine hilfreiche Therapie möglich ist. Dazu zählt auch, dass die
      Diagnose eine aktive Auseinandersetzung mit stets gegebenen anderen
      Faktoren der aktuellen Lebenssituation nicht lähmt oder verhindert,
      sondern die Behandlung gerade als verbesserte Grundlage zur Bewältigung
      der jeweiligen Lebensaufgaben verstanden wird. 
      Die Diagnose einer Hyperkinetischen Störung im Erwachsenenalter kann
      für den Betroffenen hilfreich sein. Sie sollte jedoch von kompetenten
      Fachärzten (Psychiater / Neurologe) vorgenommen werden und die
      therapeutische Perspektive miteinschließen. 
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    Die Hyperkinetische
      Störung ist auch bei Erwachsenen eine gültige und sinnvolle Diagnose,
      sofern die akute Symptomatik für die Person eine merkliche Einschränkung
      der Lebensqualität bedeutet. Leider ist die kompetente ärztliche
      Versorgung für die Betroffenen bislang mager. Jedoch zeichnen sich zwei
      Gruppen von Fachärzten als geeignete Ansprechpartner zur Diagnostik und
      Therapie ab: Erwachsenenpsychiater und Neurologen. Da die
      Störung jedoch hierzulande bis vor wenigen Jahren als reine
      "Kinderkrankheit" galt, gibt es wenig ausgewiesene Experten für
      Erwachsene. Sie sind in der Regel am ehesten über einschlägige Foren im
      Internet bzw. örtliche Elternkreise ausfindig zu machen.
       Vorzüge der Psychiater und Neurologen: 
      - sie sind sie primären 
        Ansprechpartner für 
        psychiatrische Störungen, 
        zu denen auch die 
        Hyperkinetische Störung 
        zählt 
      - Fachärzte müssen im 
        Rahmen ihrer Facharzt- 
        Ausbildung ein Jahr in 
        einer verwandten Disziplin 
        lernen und arbeiten; daher 
        haben v.a. Psychiater für 
        Erwachsene bisweilen 
        auch Kenntnisse in der 
        Kinder- und Jugendpsych. 
        und kennen das Bild der 
        Hyperkinetischen Störung 
      - Neurologen sind Experten 
        für das gesamte Nerven- 
        system; sie sind i.d.R. 
        differentialdiagnostisch 
        kompetent und (v.a. in 
        Klinikambulanzen und 
        größeren Praxen) apparativ 
        gut ausgestattet 
      Mögliche Nachteile von Psychiatern und Neurologen: 
      - da die Hyperkinetische 
        Störung lange als reine 
        "Kinderkrankheit" galt, tun 
        sich viele Ärzte mit 
        vornehmlich erwachsenen 
        Patienten schwer, die 
        Störung zu erkennen und 
        angemessen zu behandeln 
      - die Diagnoseleitlinien für 
        die HKS sind in den 
        bekannten Manualen 
        sowie in wissenschaftlichen 
        Publikationen v.a. auf 
        Kinder ausgerichtet; 
        zahlreiche, allenfalls 
        oberflächlich modifizierte 
        Kriterien sind auf 
        Erwachsene kaum 
        sinnvoll anwendbar 
      - auch im Erwachsenenalter 
        ist neben der Medikation 
        eine verhaltenstherapeut. 
        Intervention wirksam und 
        angezeigt; die Zahl der 
        diesbezüglich qualifizierten 
        Erwachsenentherapeuten 
        ist jedoch gering und 
        viele Ärzte scheuen sich, 
        die Dringlichkeit einer 
        solchen Behandlung zu 
        unterstreichen  | 
   
  
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